Roma-Familie abgeschoben

Pressemitteilung der Medizinischen
Flüchtlingshilfe Bochum e.V
3.9.2010

Abschiebung einer Bochumer Roma-Familie nach Serbien

Medizinische Flüchtlingshilfe
Bochum verurteilt unmenschlichen Umgang mit traumatisierten Familien

In den frühen Morgenstunden
des 2. Septembers 2010 wurde eine Roma-Familie durch die Bochumer Polizei
aus ihrer Wohnung im Asylbewerberheim Krachtstraße abgeholt und
nach Serbien abgeschoben. Die alleinerziehende Mutter und ihre drei noch
minderjährigen Kinder im Alter von 17, 10 und 6 Jahren lebten seit
Jahrzehnten als geduldete Flüchtlinge in Bochum, alle drei Geschwister
sind in Deutschland geboren worden und in Bochum aufgewachsen.

Nach Zeugenaussagen fuhren
gegen sechs Uhr morgens drei Polizeiautos in der Krachtstraße vor.
Bewaffnete Polizisten samt Hunden verschafften sich Zutritt zur Wohnung
der Familie und verbrachten diese zum Flughafen nach Düsseldorf.
Die Abschiebung erfolgte ohne vorherige Ankündigung. Durch eine Bekannte
der Familie wurde ihre rechtliche Vertretung umgehend informiert. Der
gestellte Eilantrag auf eine einstweilige Verfügung wurde nach wenigen
Stunden vom Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen abgelehnt, so dass die
Familie gegen 13.30 Uhr den Flug nach Serbien antreten musste.

Die Familie ist der Medizinischen
Flüchtlingshilfe seit dem Jahr 2008 bekannt. Seitdem befindet sich
ein älterer, inzwischen volljähriger Bruder der insgesamt acht
Geschwister in therapeutischer Behandlung. Ob er zum Zeitpunkt der Abschiebung
nicht zu Hause war oder unbehelligt blieb, da er einen eigenständigen
Asylantrag gestellt hatte, ist derzeit noch unklar. Zwei der drei minderjährigen
Kinder, der siebzehnjährige sowie der zehnjährige Junge, befanden
sich seit dem Jahr 2009 in kontinuierlicher psychotherapeutischer Behandlung
auf Grund multipler Traumatisierungen.

Die Medizinische Flüchtlingshilfe
verurteilt die Abschiebung der Roma-Familie aufs Schärfste. Die Vorgehensweise
der Bochumer Ausländerbehörde betrachten wir als unangemessen
und unmenschlich. Wir sind der Auffassung, dass ein solcher Umgang mit
traumatisierten Menschen, insbesondere Familien mit Kindern, unprofessionell
und unverantwortlich ist. Aus psychologisch-therapeutischer Sicht wird
dieses Vorgehen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schädigende
Konsequenzen, wie weitere Traumatisierungen und einen Einbruch des Heilungsprozesses,
haben.

Wir als behandelndes Therapiezentrum
verurteilen dieses Vorgehen und sind der Auffassung, dass:

1. die Familie über die
bevorstehende Abschiebung hätte informiert werden sollen, um sich
darauf vorzubereiten,
2. die rechtliche Vertretung
hätte informiert werden sollen, so dass genügend Zeit geblieben
wäre, um rechtliche Schritte gegen die Abschiebung einzuleiten,
3. wir als behandelndes
Therapiezentrum hätten informiert werden müssen, um zu ermöglichen,
zu psychologischen Folgen
der Abschiebung Stellung zu nehmen.

Für weitere Fragen
und Informationen wenden Sie sich bitte an:

Kirsten Ben Haddou (Öffentlichkeitsarbeit/MFH
Bochum)
Tel.: 0234-912 88 46
oder Email: pr@mfh-bochum.de