Ringvorlesung: 70 Jahre Genfer Flüchtlingskonvention – ein Grund zu feiern?

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Die MFH beobachtet seit vielen Jahren, dass die Rechte von Geflüchteten zunehmend ausgehöhlt werden, sowohl auf der Flucht als auch nach ihrer Ankunft im Aufnahmestaat. Ständige Gesetzesverschärfungen führen dazu, dass die Menschen ihre Rechte aus der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) häufig gar nicht in Anspruch nehmen können. Die politischen Signale sind sehr deutlich: Flüchtlinge stellen für die Politik ein Problem dar, daher soll die Flucht in die EU schwer bis unmöglich gemacht werden. Für jene, die es in die EU geschafft haben, sollen die Bedingungen möglichst schlecht bleiben, um zu verhindern, dass weitere Menschen nach Deutschland und die EU kommen. So müssen sie unter unmenschlichen Bedingungen ausharren bis über ihre Asylanträge entschieden wird und fürchten jederzeit abgeschoben zu werden. Die meisten Flüchtlinge gelangen jedoch gar nicht erst ins Innere der EU – entweder werden sie auf dem Seeweg daran gehindert, wobei auch ihr Tod billigend in Kauf genommen wird, oder sie werden an den Außengrenzen der EU in Lagern festgehalten, die systematisch ihre Grundrechte verletzen. Dafür geht die EU fragwürdige Deals mit autoritären Regierungen wie der Türkei oder Libyen ein und zahlt Milliarden Euro dafür, dass Flüchtlinge der EU möglichst fernbleiben. Damit ist sie mitverantwortlich für die systematischen Menschenrechtsverletzungen, die beispielsweise im Falle Libyens bis hin zu Folter und Verschwindenlassen reichen.

Im Jahr 1950 wurde das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) gegründet, um das Flüchtlingsaufkommen infolge des Zweiten Weltkrieges zu bewältigen. Seine Aufgabe besteht heute darin, Flüchtlinge weltweit zu schützen und humanitäre Hilfe zu organisieren. Als international größte humanitäre Organisation setzt sich das UNHCR auch für dauerhafte Lösungen in Fluchtsituationen ein, basierend auf drei Strategien: Resettlement, Integration und freiwillige Rückkehr. In Europa liegt der Fokus der Aktivitäten des UNHCR auf dem Rechtsschutz für Asylsuchende und anerkannte Flüchtlinge.
1951 kam mit der Verabschiedung der Genfer Flüchtlingskonvention ein verbindliches Instrument des humanitären Völkerrechts hinzu, welches Aufnahmeländer rechtsverbindlich und verantwortlich in die Versorgung, Verteilung und Integration von Flüchtlingen einbeziehen sollte. Im Jahr 2021 feiert die Konvention ihr 70-jähriges Bestehen und dies zu einer Zeit, in der so viele Menschen auf der Flucht sind wie nie zuvor seit dem Zweiten Weltkrieg – das UNHCR hat für das Jahr 2020 82,4 Millionen Menschen auf der Flucht dokumentiert.

Die MFH möchte beide Jubiläen zum Anlass nehmen, die Flüchtlingsarbeit der Vereinten Nationen zu präsentieren, einen Einblick in die Geschichte ihrer Arbeit zu ermöglichen, den Status Quo der internationalen Situation von Flüchtlingen kritisch zu beleuchten und Herausforderungen für die Zukunft zu diskutieren.

Gemeinsam mit dem Institut für Friedenssicherungsrecht und humanitäres Völkerrecht (IFHV) der Ruhr-Universität Bochum und medico international realisieren wir im Wintersemester 2021/2022 eine Ringvorlesung in englischer Sprache unter dem Titel „70 Jahre Genfer Flüchtlingskonvention – ein Grund zu feiern?“

Wir diskutieren u.a. mit:

  • Phil Orchard, University of Wollongong, Australia
  • Nikolas Feith Tan, Danish Institute for Human Rights
  • Dulo Nyaoro, Moy University Kenya
  • Dr. Ranabir Samaddar, Chair in Migration and Forced Migration Studies Calcutta Research Group, India
  • Dr. Oroub El-Abed, Center for Palestine Studies, SOAS University of London
  • Jeff Crisp, Refugee Studies Centre, University of Oxford
  • Marie von Manteuffel, Medecins sans frontières
  • Shirin Tinnesand, Stand by Lesvos
  • Maximilian Pichl, University of Frankfurt/Main
  • Simone Schlindwein, journalist
  • Thomas Gebauer, foundation medico international

Auftaktveranstaltung mit Maximilian Pichl:

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Weitere Informationen

Zur nächsten Veranstaltung.

Wir danken der Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen und der Rosa-Luxemburg-Stiftung für die Finanzierung der Reihe.

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English version

The MFH is observing an erosion of the rights of refugees during their flight as well as in host countries for many years. Because of constant tightening laws, refugees are not able to claim their rights according to the Geneva Convention. The political signals are very clear: refugees are seen as a political problem, their flight to the EU shall be made nearly impossible and even for those who have made it into the EU the living conditions are made as miserable as possible to prevent more refugees from coming to Germany and the EU. They have to wait under inhumane conditions until a decision is made on their asylum applications and fear to be deported any time. However, the majority of refugees does not even reach the inner EU – either they are stopped or illegally pushed back at the sea where they risk their lives or they are detained in refugee camps at the external frontiers of the EU systematically violating their basic rights. At the same time, the EU tries to make deals with authoritarian regimes like Turkey or Libya and pays billions of Euros to keep refugees away. The EU is therefore complicit in systematic human rights violations which in the case of Libya, for example, extend to torture and forced disappearances.

In the year 1950 the UNHCR was founded to deal with refugees of World War II. Today, its mission is to protect refugees worldwide and to organize humanitarian aid. Being the biggest humanitarian organization worldwide, UNHCR promotes durable solutions regarding refugees based on three strategies: resettlement, integration and voluntary return. In Europe, the focus of UNHCR lies on legal protection for asylum seekers and recognized refugees.

In 1951, the Geneva Refugee Convention came into force being a binding instrument of humanitarian international law obliging host states to provision, allocation and integration of refugees. In 2021, the convention celebrates its 70th anniversary – at a time where so many refugees are on the run as never before since World War II. UNHCR documented 82,4 million persons on the run.

The MFH would like to use both anniversaries as an opportunity to present the refugee work of the UNHCR, to give historical background of its work and to discuss the status quo of international refugee protection and future challenges.

In cooperation with the Institute for International Law of Peace and Armed Conflict IFHV and medico international we realize a series of lectures during the winter semester 2021/2022 in English under the title “70 years of Geneva Convention – a reason to celebrate?”

We discuss with, among others:

  • Phil Orchard, University of Wollongong, Australia
  • Nikolas Feith Tan, Danish Institute for Human Rights
  • Dulo Nyaoro, Moy University Kenya
  • Dr. Ranabir Samaddar, Chair in Migration and Forced Migration Studies Calcutta Research Group, India
  • Dr. Oroub El-Abed, Center for Palestine Studies, SOAS University of London
  • Jeff Crisp, Refugee Studies Centre, University of Oxford
  • Marie von Manteuffel, Medecins sans frontières
  • Shirin Tinnesand, Stand by Lesvos
  • Maximilian Pichl, University of Frankfurt/Main
  • Simone Schlindwein, journalist
  • Thomas Gebauer, foundation medico international

upcoming events.

We would like to thank Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen and Rosa Luxemburg Foundation for funding this project.
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Foto: EU Civil Protection and Humanitarian Aid Operations, CC BY-SA 2.0