Das Theaterprojekt “Hotel Europa” hatte Filmpremiere
Moers/Duisburg. Rund 15000 Menschen wurden in zwölf Jahren im Moerser
Abschiebegefängnis gefangen gehalten. Dies ist der Stoff für „Hotel
Europa“, einem Projekt des Schlosstheaters Moers. Der iranische Regisseur
Ruzbeh Sadeghi hat die Inszenierung verfilmt – zu sehen im Filmforum Duisburg.
„Die Chinesen haben wir mit einem Edding durchnummeriert, die Namen
konnte sich ja keiner merken”, sagt ein Wächter und lacht belanglos
in die Kamera. Er gehört zu denen, die auf der anderen Seite der zuknallenden
Schließanlage des Moerser Hafthauses standen. Rund 15 000 Menschen
wurden hier in zwölf Jahren vorübergehend gefangen gehalten. Ohne
Anklage, ohne Prozess. Und trotzdem legal, menschenrechtskonform und mitten
in der Stadt – kein Guantanamo?
Hier im Abschiebegefängnis blickten Flüchtlinge aus der ganzen
Welt ihrer ungewissen Zukunft entgegen. „Nur, weil sie zur falschen
Zeit am falschen Ort waren”, meint Kirsten Ben Haddou von der Medizinischen
Flüchtlingshilfe Bochum.
Bedrückende Bilder
hat, unterstützte die Flüchtlingshilfe ebenso wie die Evangelische
Kirche das ungewöhnliche und sehr erfolgreiche Schlosstheater-Projekt
„Hotel Europa” von Ulrich Greb. Vor einigen Monaten wurde die
Inszenierung an zwei Drehtagen vom iranischen Filmregisseur Ruzbeh Sadeghi
verfilmt. Am Samstagabend feierte die gleichnamige, 90-minütige Dokumentation
Premiere im Duisburger Filmforum. Schauspieler, Unterstützer, Mitwirkende
sowie die beiden Theater- und Filmregisseure Greb und Sadeghi blickten erwartungsvoll
auf die Leinwand. „Wir wissen eigentlich alle nicht, was uns erwartet,
weil der Film quasi eben erst fertig geworden ist”, beschwichtigte
Ulrich Greb die Zuschauer bereits vorab – allerdings ganz ohne Notwendigkeit.
Denn der Film verbindet die beiden Genres Theater und Kino zu einem äußerst
sehenswerten, beinahe spielfilmischen Werk – wenn auch vereinzelt
mit Längen.
Egal, wie oft sie mit den Fäusten gegen die Mauern schlagen, sinnbildlich
den Berg bitten, sich zu öffnen – niemand erhört sie in
ihrer Verzweiflung. Die Kamera fährt den immer endloser wirkenden Beton
hinauf. Dann wehen blaue Fahnen des vereinten Europas durch das Bild. Im
Hintergrund die kleinen, vergitterten Fenster des heute denkmalgeschützten
Hafthauses, hinter denen sich ein paar Quadratmeter Lebensraum für
unbestimmte Zeit auftun. Innen, an den kahlen Wände zeugen Texte in
verschiedenen Sprachen und Zeichnungen von einer ausweglosen Lage. Beklemmend
wirkt diese Umgebung, diese Stimmung der Szenerie, die der iranische Regisseur
Ruzbeh Sadeghi in seinem Film so eindringlich festhält.
In einem Monat auf DVD
– auch im Film – das Publikum zu einem Erfahrungsaustausch beim
Gang durch diesen unbekannten Ort ein.
In etwa einem Monat soll der Film auf DVD erhältlich sein. Im November
wird er noch einmal im Filmforum gezeigt. Und hoffentlich auch in weiteren
Programmkinos, wünscht sich Regisseur Sadeghi. „So etwas darf
nicht einfach wieder verschwinden, wenn die Spielzeit vorbei ist. So eine
aufwändige Inszenierung muss erhalten bleiben”, meint der Filmregisseur.
Er selbst kam als Flüchtling nach Deutschland.
Quelle: Neue Rhein Zeitung, Moers
http://www.derwesten.de/nachrichten/staedte/moers/2009/10/13/news-136716139/detail.html