In den letzten 4 ½ Jahren sind über 18 000 Menschen auf der Flucht im Mittelmeer ertrunken. Verschärft wird die Situation unter anderem durch die Verhinderung einer zivilen Seenotrettung. Die politischen Entscheidungen der EU und ihrer Mitgliedsstaaten machen das Mittelmeer zu einem Massengrab. Italien und Malta schließen ihre Häfen für zivile Seenotretter, beschlagnahmen ihre Schiffe, kriminalisieren die Retter und stellen sie vor Gericht. Deutschland und speziell Innenminister Horst Seehofer forciert die Einrichtung von unmenschlichen Ankerzentren, die Abweisung von Geflüchteten an der Grenze sowie Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete.
Die EU versucht sich des Problems zu entledigen, indem sie auf Abschottung, Lager in Drittstaaten und Kooperation mit der sogenannten libyschen Küstenwache setzt. Sie kommt somit ihrer Verantwortung nicht mehr nach, sondern überlässt die Geflüchteten der Willkür krimineller Milizen und setzt Geflüchtete schwersten Misshandlungen sowie dem Tod durch Ertrinken aus. Ein politischer Diskurs findet in keinem sachlichen Rahmen statt, sondern wird dominiert von menschenverachtenden und rassistischen Äußerungen. Das Menschenrecht auf Leben und das Völkerrecht auf Asyl werden durch dieses Vorgehen bewusst untergraben und faktisch außer Kraft gesetzt.
Wir „Medinetze“ und „Medibüros“ sind nichtstaatliche Organisationen, die sich ehrenamtlich für die Gesundheitsversorgung von Menschen ohne ausreichende Krankenversicherung einsetzen. Wir wehren uns entschieden gegen eine offensichtlich politisch gewollte und instrumentalisierte Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung, namentlich aktuell gegen die vorübergehende Festsetzung der Kapitänin Carola Rackete der „Sea Watch 3“. Ein solches Vorgehen ist für einen Staatenverbund, der insbesondere durch das Schengen-Abkommen 1985 auch den Anspruch auf eine Wertegemeinschaft signalisiert und sich für freiheitliche Werte wie Pressefreiheit, Einhaltung von Menschenrechten, Demokratie etc. verpflichtet hat, beschämend. Die Kapitänin hat wie auch ihre Kollegin Pia Klemp aus humanitären und eben nicht kriminellen Gründen gehandelt und Menschen vor dem Ertrinken gerettet. Dass nun ein Gründungsstaat der EU im Herzen Europas dieses Vorbild an Menschlichkeit vorübergehend unter Hausarrest gestellt hat, ist eine Schande für Europa. Wir fordern die unmittelbare Rückkehr zu einer Politik, die auf dem Menschen- und dem Völkerrecht basiert. Wir fordern eine Entkriminalisierung der Seenotrettung.
Das Recht auf Leben ist unverhandelbar !
Wir bekunden unsere Solidarität mit Carola Rackete, Pia Klemp und der gesamten zivilen Seenotrettung.