Pressemitteilung der Medizinischen Flüchtlingshilfe Bochum e.V. (Kurzfassung)
Residenzpflicht
und Wohnsitzauflagen:
Rechtsbeugende Maßnahmen gegen die Integration von MigrantInnen
und Flüchtlingen in Deutschland
Die Medizinische Flüchtlingshilfe
Bochum e.V. fordert die Innenminister des Bundes und der Länder auf,
deutsche Gerichtsurteile und die GFK umzusetzen
Vom 16. bis zum 18.04.2008 treffen sich die Innenminister des Bundes und
der Länder auf ihrer halbjährig stattfindenden Sitzung in Bad
Saarow in Brandenburg. Themen, die bisher durch die Innenministerkonferenzen
(IMK) ignoriert wurden, sind die Residenzpflicht und die Wohnsitzfreiheit
der Flüchtlinge.
Die Residenzpflicht ist eine gesetzliche Regelung, die Flüchtlinge
massiv in ihrer Bewegungsfreiheit einschränkt. Flüchtlinge im
Asylverfahren dürfen den Landkreis, in dem sie leben, nicht verlassen.
Flüchtlinge mit Duldung werden nach dem Aufenthaltsgesetz auf das
Bundesland, den Kreis oder die Stadt eingeschränkt, in denen sie
leben.
Von diesen Wohnsitzauflagen
sind auch alle Ausländer mit Bleiberecht aus humanitären Gründen
betroffen, z.B. wenn eine dauerhafte Rückkehr in ihr Heimatland unmöglich
ist. Hier werden die Flüchtlinge sozial und wirtschaftlich massiv
benachteiligt, ohne Chancengleichheit wird eine Verbesserung der Integration
erschwert:
– Flüchtlinge, die dauerhaft in strukturschwachen Regionen leben
müssen, haben bei der Vermittlung von Arbeit und Wohnung noch weniger
Chancen als ohnehin schon; dadurch wird die soziale Isolation verstärkt.
– Besonders in Landkreisen und Kleinstädten führt diese Situation
zu massiven psychosozialen Problemen bei allen Familienmitgliedern; dort
gibt es oft nur wenige Gruppierungen, die die Flüchtlinge unterstützen.
– Kranke und Behinderte werden vielfach von einer möglichen Unterstützung
durch Angehörige abgeschnitten.
– Die Soziallasten werden durch diese Politik künstlich in die Höhe
getrieben.
– Auch beim gesetzlichen Bleiberecht wird die Arbeitssuche und damit eine
Chance auf Integration verhindert.
In den vergangenen Jahren wurden
in vielen Gerichtsbeschlüssen, sowohl auf nationaler als auch auf
europäischer Ebene, die Wohnsitzbeschränkungen als rechtswidrig
beurteilt; selbst der UNHCR Deutschland positionierte sich im Juli 2007
in einer ausführlichen 15-seitigen Stellungnahme gegen die Politik
der Bundesregierung.
Aktuell hat am 15.01.2008 das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden,
dass wohnsitzbeschränkende Auflagen für anerkannte Flüchtlinge
rechtswidrig sind, wenn die Ausländerbehörden damit das Ziel
verfolgen, die finanzielle Belastung durch Sozialleistungen anteilig auf
die Bundesländer zu verteilen (BVerwG 1 C 17.07).
Unsere Erfahrungen in der Sozialarbeit
zeigen, dass sich die deutsche Politik über viele, zum Teil verbindliche
Rechtsgrundlagen in der Flüchtlingspolitik hinwegsetzt. Ihre Rechte
werden oftmals bewusst und systematisch vorenthalten. Ein Beispiel findet
sich auf unserer Homepage in einer längeren
Version dieser Pressemitteilung.
Residenzpflicht und Wohnsitzauflagen
für dauerhaft bleibeberechtigte MigrantInnen und Flüchtlinge
verhindern nachhaltig ihre Integration in Deutschland. Daher fordert die
Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum e.V. die Innenminister des Bundes
und der Länder auf,
– dass sowohl die deutschen Gerichtsurteile als auch andere europäische
Rechtsgrundlagen bezüglich der Residenzpflicht und Wohnsitzauflagen
sowie die GFK beachtet und angewendet werden.
– Wir fordern die IMK auf, in ihren zuständigen Behörden bei
der Bearbeitung von Wohnsitzwechsel-Anträgen einen menschenwürdigen
und pflichtbewussten Umgang mit den betroffenen Flüchtlingen einzuhalten.
– Ebenso fordern wir das IM des Landes NRW auf, die bundeseinheitliche
Verfahrensweise bei wohnsitzbeschränkenden Auflagen, erstellt am
29. Juli 2005 (AZ.: 16-39.06.04-2), mit sofortiger Wirkung auszusetzen.
Für weitere Informationen
wenden Sie sich bitte an den Flüchtlingssozialarbeiter der Medizinischen
Flüchtlingshilfe Bochum e.V., Herrn Hanif Hidarnejad:
Tel.: 0234-32 59 272
Email: sozialdienst@mfh-bochum.de