25. November: Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen
Anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen fordert die Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum wirksame Maßnahmen gegen jede Form physischer, psychischer und struktureller Gewalt an Frauen und Mädchen.
Nach Schätzungen des UNHCR sind ungefähr die Hälfte der ca. 60 Mio. Menschen, die sich weltweit auf der Flucht befinden, Frauen und Mädchen. Sie fliehen vor Krieg, politischer und rassistischer Verfolgung, Hunger und Naturkatastrophen. Hinzu kommen jedoch Geschlechtsspezifische Gründe wie systematische sexualisierte Gewalt, häusliche Gewalt, Zwangsverheiratung, genital Verstümmelung, sexuelle Orientierung, Ehrenmord und Armut. Gewalt an Frauen und Mädchen in ihren verschiedenen Formen ist eine der häufigsten Menschenrechtsverletzungen überhaupt. In vielen Bürgerkriegen und ethnischen Konflikte gehört die systematische Vergewaltigung und Ermordung von Frauen und Mädchen zur erklärten Kriegsstrategie.
Diese Tatsachen zwingen Frauen häufig, sich alleine, mit ihren Kindern oder im Fall von Kriegsregionen mit anderen Frauen auf den Weg zu machen, begleitet von der ständigen, berechtigten Angst vor Gewalt, sexuellen Übergriffen, Hunger, Krankheit sowie einer ungewissen Zukunft. Gerade für Frauen birgt der Weg zu Fuß, mit Schlepperbooten oder auf anderen klandestinen Wegen viele Gefahren.
Gerade für Frauen bringt die Flucht vor Verfolgung viele Gefahren. „Einige Frauen, die zu uns in die Beratung kommen, sind auf der Flucht Opfer von sexuellen Übergriffen durch Grenzbeamte oder andere Geflüchtete geworden, mussten ohne Bezahlung arbeiten oder sich prostituieren, um die Flucht zu finanzieren“, weiß Anamría Diaz, Therapeutin bei der Medizinischen Flüchtlingshilfe.
Weitaus häufiger als Frauen nehmen Männer den beschwerlichen Weg auf sich und konnten bisher auch ihre Familie auf legalem Wege nachholen. Der Familiennachzug soll für subsidiär schutzberechtigte Menschen, also jenen, denen in ihrem Heimatland ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung) droht, dauerhaft beschränkt werden. Geht es nach Innenminister de Maizière, dürfen die Betroffenen ihre Familien zwei Jahre lang nicht nachholen. Diese Regelung wird Frauen und Kinder sowie Alte und Kranke auf die lebensgefährlich Route übers Mittelmeer treiben und damit in den Tod. Es wird bewusst in Kauf genommen, dass sich Frauen und Kindern den Gefahren dieser Reise aussetzen, obwohl bekannt ist, dass ihnen in ihren Heimatländern unmenschliche Behandlung droht. Bereits jetzt sind die Bundesregierung und die Europäische Union verantwortlich für tausende Tote an den Außengrenzen. Die Zahl wird in Zukunft weiter steigen.
Frauen, die in Deutschland ankommen, haben häufig bereits traumatische Erfahrungen im Herkunftsland und auf der Flucht gemacht. In Deutschland angekommen, leben sie oft in überfüllten Gemeinschaftsunterkünften und ohne Schutzraum. „Einige Frauen berichten von sexuellen Übergriffen in ihren Unterkünften“, so Anamaría Diaz. „Häufig sind die sanitären Einrichtungen gerade in Notunterkünften unzureichend und in einigen Fällen nicht nach Geschlecht getrennt, die Duschen sind nicht abschließbar. Einige Frauen trauen sich nicht mehr in die Wachräume.“ Sexuelle Übergriffe durch Partner, Bewohner oder Personal sind kaum dokumentiert, den Frauen sind ihr Rechte in Deutschland kaum bekannt, sie werden nicht über das entsprechende Beratungsangebot informiert. Auch die Finanzierung für einen gegebenenfalls notwendigen Aufenthalt im Frauenhaus ist nicht geklärt. In der Beratung erleben wir Frauen, die es mit einer unvorstellbaren Stärke bis nach Deutschland schaffen, die aber dringend professionelle psychosoziale und therapeutische Unterstützung benötigen. Das bisherige Angebot reicht nicht aus.”
In Deutschland angekommen, leben viele Frauen vor allem aus den sogenannten „sicheren Herkunftsstaaten“ in Angst vor Abschiebung. Gerade wurde die Liste der vorgeblich „sicheren Herkunftsstaaten“ um Albanien, Kosovo und Mazedonien erweitert. Menschen aus diesen Ländern können jetzt leichter abgeschoben werden. Besonders AlbanerInnen werden in sogenannten Schwerpunkzentren untergebracht, um von dort abgeschoben zu werden. In der Nacht vom heutigen 25.11 auf den 26.11 ist mit einer Sammelabschiebung nach Albanien zu rechnen. Auch Frauen und Kinder werden dann in einen Staat abgeschoben, der besonders Frauen und der Minderheit der Roma keine Rechtssicherheit bietet. Die fehlende Rechtssicherheit ist offiziell ein Grund, warum Albanien nicht in die EU aufgenommen wird. Etwa jede Dritte Frau in Albanien wird nach Schätzung Opfer häuslicher Gewalt. Laut Amnesty International zog nur ein Drittel der in 2014 in Albanien gemeldeten Fälle von häuslicher Gewalt ein Strafverfahren nach sich. Über zwei Drittel der Betroffenen zogen eine Klage die ein Kontaktverbot nach sich ziehen würde, zurück. Selbst wenn ein Kontaktverbot erlassen wird, wird es in den seltensten Fällen umgesetzt. Übergriffe und Misshandlungen von Ordnungskräften blieben weiter straflos. In ländlichen Regionen gilt weiterhin das Kanuan, ein mündlich überliefertes Gewohnheitsrecht, das u.a. die Blutrache bei Ehebruch der Frau vorsieht.
Frauen und Mädchen unter den Geflüchteten leiden besonders unter den diskriminierenden Sondergesetzen, der faktischen Abschaffung des Flüchtlingsrechts in Deutschland sowie der zunehmenden Abschottung durch die Politik.
Die Medizinische Flüchtlingshilfe Fordert daher:
- Legale- und sichere Zuwanderungswege für Geflüchtete.
- Uneingeschränkten Familiennachzug auch zu subsidiär Schutzberechtigten.
- Separate Unterbringung von alleinstehenden Männern und Frauen.
- Schutzräume für Frauen in Gemeinschaftsunterkünften.
- Sofortige unabhängige Überprüfung der Lage besonders von Minderheiten und Frauen in den als sicher erklärten Herkunftsstaaten.
- Keine Asylverfahren ohne unabhängige Verfahrensberatung, psychosoziale Unterstützung, Einzelfallprüfung.
- Die konsequente Anerkennung geschlechtsspezifischer Verfolgung als Asylgründe.
Wir stehen Flüchtlingsfrauen beim Kampf für ihre Rechte zur Seite.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitten an Bianca Schmolze, Öffentlichkeitsreferentin unter: pr@mfh-bochum.de oder 0234-9041382