An der Seite der Überlebenden. Therapiezentren für Folterüberlebende als Produkt der internationalen Solidarität
Knut Rauchfuss, Christian Cleusters & Bianca Schmolze
1983 wurde in Kopenhagen das weltweit erste Rehabilitationszentrum für Folteropfer eröffnet. Bereits vorher hatten einzelne chilenische Aktivist*innen im europäischen Exil kleinere psychosoziale Zentren ins Leben gerufen. In den Diktaturen des Cono Sur und Mittelamerikas, aber auch in anderen Teilen der Welt hatten Menschenrechtsaktivist*innen vor Ort ebenfalls begonnen, den Kampf um Befreiung und die psychosoziale Versorgung von Überlebenden sozialpolitischer Traumatisierungsprozesse zusammenzudenken und zu praktizieren. Eine maßgebliche Rolle spielte dabei die Befreiungspsychologie, die über die internationale Solidarität auch die Gründer*innen der ersten europäischen Zentren erreichte. Der Aufsatz zeichnet diese Verflechtungsgeschichte von Befreiungskämpfen, Menschenrechtsarbeit, internationaler Solidarität und der Gründung von Therapiezentren nach. Bereits zu Beginn war die Arbeit im Kampf gegen Folter dabei sowohl an der individuellen und sozialen Rehabilitierung der Überlebenden ausgerichtet, als auch an der strafrechtlichen Verfolgung der Täter*innen. Heute haben jedoch viele der zwischenzeitlich in zahlreichen deutschen Städten gegründeten Zentren diese Orientierung gegen ein Selbstverständnis als reine Versorgungseinrichtung eingetauscht. Zusätzliches politisches Engagement fokussiert allenfalls auf die Unterstützung traumatisierter Flüchtlinge in Deutschland. Die Autor*innen plädieren daher für eine Wiederbelebung der internationalen solidarischen Parteilichkeit in deutschen Psychosozialen Zentren und die Rekonstruktion eines Selbstverständnisses, Teil der internationalen Menschenrechtsbewegung zu sein.
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Bild: PERIPHERIE – Politik • Ökonomie • Kultur (CC BY 4.0.)