Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum: NEIN zur Gewalt gegen Frauen und Mädchen

 25.11.2009

Pressemitteilung der Medizinischen Flüchtlingshilfe Bochum e.V.

Erklärung der Medizinischen Flüchtlingshilfe
Bochum zum „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen“ am 25. November
2009

Der 25. November ist seit 1981
der internationale Gedenktag zur Erinnerung an Frauen
und Mädchen, die Opfer von Gewalttaten wurden. Unter dem Motto „NEIN
zur Gewalt
gegen Frauen und Mädchen“ demonstrieren an diesem Tag Millionen
Frauen gegen
Diskriminierung und Unterdrückung weltweit.

Als sozialmedizinische Menschenrechtsorganisation spricht sich die MFH
Bochum
gegen jede Form physischer, psychischer und struktureller Gewalt an Frauen
und
Mädchen aus, denn Frauenrechte sind Menschenrechte und die weltweiten
Verletzungen von Frauenrechten sind Menschenrechtsverletzungen!

Die Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum hat täglich mit Frauen
und Mädchen zu tun,
die aufgrund von Krieg, Folter und geschlechtsspezifischer Verfolgung
aus ihren
Heimatländern fliehen mussten. Es ist eine traurige Tatsache, dass
Gewalt an Frauen
und Mädchen in ihren verschiedenen Formen eine der häufigsten
Menschenrechtsverletzungen überhaupt ist.
Es wird geschätzt, dass weltweit aktuell ca. 100 Millionen Menschen
in einer so
genannten gezwungenen Migration leben. Davon sind über die Hälfte
Frauen und
Mädchen.Sie haben sich nicht aus freiem Willen dazu entschieden,
sondern mussten
ihr Leben vor politischer, rassistischer und sexistischer Verfolgung,
Krieg, Hunger,
Naturkatastrophen etc. in Sicherheit bringen. 70 % der Opfer der aktuellen
Kriege sind
Zivilisten – die meisten von ihnen Frauen und Kinder. In vielen
(Bürger-)kriegen
gehören systematische Vergewaltigung und Ermordung von Frauen und
Mädchen zur
erklärten Kriegsstrategie.

Frauen, die sich zur Flucht entschließen, sind mutige Frauen, die
Ungewissheit und
Gefahr auf sich nehmen, um ihrer dramatischen Situation zu entkommen und
ihre
Lebenslage zu verbessern; auf der Suche nach einem Ort, an dem sie in
Würde leben
und alt werden können, mit Rechten, Schutz, Arbeit und Sicherheit
für sich und ihre
Familien.
Häufig werden diese Hoffnungen zerschlagen: Denn auch nach ihrer
Flucht erfahren
diese Frauen in Deutschland weitere Verletzungen von Frauen- bzw. Menschenrechten,
die ganz legal vom deutschen Staat durch eine restriktive Flüchtlings-
und Asylpolitik
begangen werden.

Frauen, die Opfer von Gewalt wurden sind häufig traumatisiert: Sie
leiden unter
psychischen Langzeitfolgen – von Depressionen bis hin zu Selbstmordgedanken
– und
ihrer sozialen Isolation. Die bedrückende Lebenssituation als Flüchtling
in Deutschland
unter diskriminierenden Sondergesetzen verstärkt Traumatisierungen
und löst bei vielen
weitere Erkrankungen aus.

Flüchtlinge brauchen, um ein neues Leben aufbauen zu können,
grundsätzlich einen
sicheren Aufenthaltstatus, eine Wohnung, einen Arbeitsplatz, eine regelmäßige
und
sinnvolle Tätigkeit, angemessene Gesundheitsversorgung und genügend
Geld, um ihre
Familien vernünftig ernähren zu können. Sie möchten
sich nützlich fühlen können,
brauchen mehr Kontakt mit anderen Menschen, das Gefühl, dass sie
auch etwas
Sinnvolles schaffen können. Das wirkt enorm heilend und gesundheitsfördernd.
Die meisten dieser beschriebenen Menschenrechte werden Flüchtlingen
jedoch durch
die momentane Asylpolitik systematisch verwehrt!
Statt dessen werden Flüchtlingsfrauen- und auch minderjährige
junge Mädchen in
Abschiebegefängnissen wie in Neuss gefangen gehalten, nur weil sie
beispielsweise
keine gültigen Papiere besitzen. Öfter werden sie gewaltsam
festgenommen und stark
misshandelt. Diese institutionelle Gewalt darf nicht existieren.

Im Gefängnis leben die Frauen in ständiger Unsicherheit und
unerträglicher Angst.
Diese Situation macht sie krank, psychisch und physisch! Dennoch haben
sie keinen
Anspruch auf adäquate medizinische Versorgung.
Diese Frauen sind oft jahrelang im Gefängnis, obwohl sie keine Kriminellen
sind! Sie
sind Mütter, Ehefrauen, Töchter, Arbeiterinnen. Viele sind Gewerkschaftlerinnen
oder
Sozialkämpferinnen. Sie müssen von ihren Kinder getrennt leben.
Das Jugendamt
erlaubt den Kindern, ihre Mütter nur am Flughafen zu sehen, kurz
vor der endgültigen
Abschiebung.

Angesichts der massiven Verletzungen der Rechte von Frauen und Mädchen
weltweit und als Flüchtlinge in Deutschland fordert die Medizinische
Flüchtlingshilfe Bochum:
– Anerkennung und Respekt für Flüchtlingsfrauen und Frauen ohne
Papiere
– Eine rechtliche, menschenwürdige Regelung ihrer Situation und ihre
Anerkennung als Mitbürgerinnen dieses Landes
– Die konsequente Umsetzung der Anerkennung geschlechtsspezifischer
Verfolgung als Asylgrund in der Praxis

Darüber hinaus ist es dringend notwendig, eigene Vernetzungen zu
stärken, sowohl auf
lokaler, als auch auf internationaler Ebene, um die Einhaltung von Frauenrechten
zu
garantieren. Frauen in Deutschland müssen sich zunehmend vernetzen,
um sich und
ihre Kinder gegenseitig zu unterstützen und zu schützen!

Zum internationalen Tag „NEIN zur Gewalt gegen Frauen und Mädchen“
grüßen wir
sehr herzlich alle Flüchtlingsfrauen, Frauen ohne Papiere und Frauen
in
Abschiebegefängnissen und sichern ihnen unseren Respekt und unsere
Anerkennung
zu!

Die MitarbeiterInnen der MFH-Bochum e.V.
Bochum, 25.11.09