Bundesverfassungsgericht: „Die menschenwürdige Existenz muss ab Beginn des Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland gesichert werden“

 19-07-2012

Bundesverfassungsgericht: „Die menschenwürdige Existenz muss ab Beginn des Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland gesichert werden“

Pressemitteilung

Die Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum e.V. (MFH) begrüßt das gestrige Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) zu den Geldleistungen nach Asylbewerberleistungsgesetzt (AsylbLG). Im Urteilsspruch heißt es: „Die in § 3 AsylbLG festgelegten Geldleistungen sind evident unzureichend. Ihre Höhe ist seit 1993 nicht verändert worden, obwohl das Preisniveau in Deutschland seit diesem Jahr um mehr als 30 % gestiegen ist“. Für die Betroffenen folgt daraus, dass künftig 336€ statt 225 € monatlich gezahlt werden. Dies gilt rückwirkend ab dem ersten Januar 2011.

Wir freuen uns sehr, dass unser jahrelanger Kampf um Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes durch das heutige Urteil des BVerfG zum Teil (Gestern nur § über 3 AsylbLG) bestätigt wurde. Als Menschenrechtsorganisation haben wir in den vergangenen 15 Jahren immer wieder auf die Missachtung der „Menschenwürde“ von Flüchtlingen durch das Asylbewerberleistungsgesetz hingewiesen. Heute sind wir einen Schritt weiter auf dem Weg zur Verbesserung der Situation von Flüchtlingen in Deutschland, wenn das oberste deutsche Gericht betont: „Art. 1 Abs. 1 GG begründet den Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums als Menschenrecht. Dieses Grundrecht steht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu“.

Gleichzeitig bedauern wir aber sehr, dass die deutsche Regierung und die deutsche Politik in den letzten 19 Jahren untätig waren und ihre „Hausaufgaben“ nicht gemacht haben, bis das BVerfG sie nun zur Bewegung verpflichtet.

Wir hoffen, dass dieses Urteil des BVerfG eins zu eins umgesetzt wird und nicht durch unterschiedliche Erlässe, Landes- bzw. kommunale Beschlüsse oder Kommentare willkürlich verändert und interpretiert wird. Beispielsweise sollten die entsprechenden Geldleistungen (Beschluss) nicht wie in der Vergangenheit durch Gutscheine ersetzt werden.

Nach diesem Etappensieg geht unser Kampf für Menschenrechte weiter! Wir werden uns weiter für die Abschaffung des gesamten Asylbewerberleistungsgesetzes einsetzen. Wir fordern darüber hinaus die Abschaffung der Flüchtlingslager und Gemeinschaftsunterkünfte sowie Freizügigkeit und gleichberechtigte medizinische Versorgung für Flüchtlinge. Wir wollen keine Gesellschaft mit Menschen zweiter Klasse.

Auf diesem Weg ist jegliche Unterstützung wertvoll.
Das gestrige Urteil des BVG gibt uns Mut: „Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums umfasst sowohl die physische Existenz des Menschen als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. […] Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren“. (Nähere Informationen in der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts: http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg12-056.html)

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an den Flüchtlingssozialarbeiter der Medizinischen Flüchtlingshilfe Bochum e.V., Herrn Hanif Hidarnejad: 0234-3259272; sozialdienst@mfh-bochum.de