Theaterstück “Hotel Europa”: Filmpremiere iin Duisburg mit MFH Bochum

Das andere Europa

Duisburg, 12.10.2009, Maria Romanski

Der Film von Ruzbeh Sadeghi zum Stück, das Ulrich Greb in Moers inszeniert
hat, hatte Premiere im Filmforum

Bilder von Flüchtlingen auf maroden Booten vor den Küsten Europas
sind längst zum Alltag geworden. Tausende verlassen aus Angst um ihr
Leben ihre Heimat. Ulrich Grebs Inszenierung „Hotel Europa”,
die am Moerser Schlosstheater entstand und in einem alten Hafthaus zu sehen
ist, erzählt, was sich jenseits der spektakulären Bilder aus den
Nachrichten ereignet. Sie spricht vom Schicksal tausender illegaler Flüchtlinge,
die in den Haftanstalten auf ihre Abschiebung warten. Der Film zu Grebs
Inszenierung hatte am Samstag Premiere im Filmforum am Dellplatz. Dem ausverkauften
Saal zeigte der iranische Filmregisseur Ruzbeh Sadeghi in einem verstörenden
Neunzigminüter das andere Gesicht Europas.

„Ich habe mir eine Vorstellung des Schlosstheater-Ensembles in der
JVA angesehen”, berichtete Sadeghi. „Mir war mit einem Schlag
bewusst, dass ich daraus einen Film machen muss.” Noch am selben Abend
sprach er Greb an. Und sofort begann man mit den Dreharbeiten. In nur zwei
Tagen waren alle Bilder im Kasten. Das Filmteam begleitete zwei Vorstellungen,
filmte die ungeschminkten Reaktionen der Zuschauer und spielte anschließend
einige Szenen mit den Schauspielern im leeren Hafthaus ein.

„Hotel Europa” erzählt von Schicksalen, die sich mitten
in der westlichen Gesellschaft abspielen und doch den meisten nicht bewusst
sind. „Bis zu seiner Schließung 2005 diente die JVA Moers Kapellen
als Abschiebeknast. Die Texte basieren auf Augenzeugenberichten und Interviews,
die mit Flüchtlingen und ehemaligen Mitarbeitern geführt wurden”,
erklärt Greb die Authentizität. Der ständige Wechsel vom
Realen ins Surreale, von vollen in menschenleere Räume, von zuschlagenden
Türen und beklemmender Stille lässt den Film unter die Haut gehen.
Auch die Schauspieler zeigen Höchstleistungen. Ihnen gelingt ein radikaler
Schnitt zwischen Wärter- und Häftlingsrolle. Am Ende fragt man
sich, ob geltendes Recht auch gerecht ist und ob der europäische Gedanke
von Gleichheit und Freiheit nur mehr eine bloße Idee ist. Fast schon
grotesk erklingt da die Hymne der EU. „Hotel Europa” entlässt
den Zuschauer mit lauter Fragen und Zweifeln.
Der Film soll im November noch mal im Filmforum gezeigt werden, das Stück
ist noch am 16. und 17. Oktober in Moers zu sehen. mr

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Duisburg
http://www.derwesten.de/nachrichten/staedte/duisburg/2009/10/12/news-136710130/detail.html