Gegen systematische Repression und Gewalt! – Solidarität mit dem Widerstand in Chile

Medizinische Flüchtlingshilfe (MFH) ruft zur Teilnahme an Kundgebung am kommenden Samstag auf.

Seit zwei Monaten erlebt Chile eine historisch einmalige Protestwelle gegen die Regierung des Landes. Diese wiederum reagiert auf die berechtigten Forderungen der Bevölkerung – neben kosmetischen Zugeständnissen – v. a. mit systematischer Gewalt und Repression.

Während es zu Beginn der Proteste hauptsächlich um sozio-ökonomische Forderungen und um die Erneuerung der Verfassung aus Diktaturzeiten ging, ist heute für weite Teile der Bevölkerung, nach den zahllosen schweren Menschenrechtsverletzungen durch die Antiaufstandspolizei und das Militär nur noch ein Rücktritt der Regierung denkbar. Millionen fordern zudem die strafrechtliche Verfolgung der staatlichen Verbrechen. Die MFH beobachtet diese Situation von Beginn an in engem Kontakt zu ehemaligen Diktaturflüchtlingen, die schon lange wieder in Chile leben (vgl. MFH-Pressemeldung vom 28.10.2019: https://mfh-bochum.de/die-rueckkehr-der-folter/).

Obwohl in Chile seit einigen Wochen offiziell kein Ausnahmezustand mehr herrscht, berichten NGOs sowie das Nationale Menschenrechtsinstitut (INDH) auch weiterhin über massive Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung. Bis zum 6. Dezember 2019 dokumentierte das INDH 23 Tote, 8.812 Inhaftierungen, 1.983 Schussverletzungen, 787 Fälle von exzessiver Gewalt durch Polizist*innen, 405 Fälle von Folter und anderen grausamen Misshandlungen und 192 Fälle von sexualisierter Gewalt. 21 Demonstrant*innen haben durch den Einsatz von Gummigeschossen ein Auge verloren; insgesamt berichtet INDH von 352 Augenverletzungen. Die Sicherheitskräfte setzen zudem immer wieder Kampfgas ein. Nach Zeitungsberichten wird den Wasserwerfern illegalerweise das als chemischer Kampfstoff verbotene CS Gas zugesetzt, welches zu schweren Verätzungen führen kann.

Doch der Widerstand lässt sich nicht einschüchtern. Weiterhin ziehen Hunderttausende auf die Straßen und demonstrieren gegen die Regierung. In Straßenversammlungen wird an den Überlegungen für eine neue Verfassung gearbeitet. Stadtteilkomitees diskutieren Demokratie und Alternativen zum Neoliberalismus. Dezentral werden die Proteste vorbereitet. Betroffene, Nachbarschaften und gewöhnliche Passant*innen dokumentieren Menschenrechtsverletzungen der Sicherheitskräfte, um sie öffentlich zu machen und um dem INDH zu ermöglichen, rechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen einzuleiten. So wurden bisher 709 Anzeigen in Zusammenhang mit massiver Polizeigewalt eingereicht, die insgesamt 956 Opfer betreffen.

Aus diesem Anlass hat die Gruppe Cabildo Ruhr – in Bochum und Umgebung lebende Aktivist*innen mit Verbindungen nach Chile – für Samstag, den 14. Dezember 2019 in Bochum eine Kundgebung vorbereitet. Auch die MFH Bochum ruft auf sich daran zu beteiligen, um ein Zeichen der Solidarität zu setzen. Die Kundgebung findet von 12:00-13:30 Uhr vor dem Bochumer Hauptbahnhof statt.

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Bianca Schmolze, Menschenrechtsreferentin der MFH Bochum, unter b.schmolze@gerechtigkeit-heilt.de bzw. telefonisch unter 0234-9128847.